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  • #Personal Development

Weiblichkeit & Extremsport

YESGIRLYES im Interview mit #supergirl* Jo Brunner

Spätestens seit dem ORF Interview Fauxpas aus 2023 bei welchem „Cycle“ – also der weibliche Zyklus, mit Radfahren übersetzt wurde, wissen wir, wie unterrepräsentiert das Thema im Spitzensport ist. Wir haben Jo Brunner zum Interview getroffen, eine Frau, die dem „Lack-of-Information“ in der Extremsportszene mit ihrem Film Cycles den Kampf angesagt hat. Gemeinsam mit Anjuna Hartmann hat Johanna Brunner dieses Jahr einen Freeride Film über die Kraft im weiblichen Zyklus produziert. Ines Enöckl hat mit Johanna über die Hintergründe zu ihrem Film gesprochen.

Der Film Cycles tourt ab 3. November mit dem Freeride Filmfestival durch Österreich, Deutschland und die Schweiz.

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Hi Jo, schön, dass du da bist.
Du hast einen Outdoor-Film gemacht, der sich mit der Kraft, die im weiblichen Zyklus liegt, beschäftigt. Was hat dich in einer von „schneller, weiter, steiler“ getriebenen Szene dazu gebracht diesen Film zu machen?

Hi, danke fürs Einladen! Ich erinnere mich noch sehr gut an das FFF letztes Jahr als ich mit dir, Ines, und Filmkollege Flo in der letzten Reihe stand und getuschtelt habe, dass es ja wohl nicht sein kann, dass keine Frauen* Filme eingereicht haben oder Filme gezeigt werden, wo Athletinnen im Mittelpunkt stehen. Aus dieser Abwesenheit der Sichtbarkeit kam dann auch mein letzter innerlicher Anstupser selbst ein Filmprojekt zu starten. Mein Herz schlug wohl immer schon zu einem Teil für die Bestärkung von Frauen* im Sportbereich, von der Vision eines achtsamen Umganges mit dem Körper und holistischen Ansatzes von Gesundheit. Das ist ein Thema, das sich durch mein Leben zieht.

Meine Absicht war es, einen Film zu kreieren, der sich nicht auf das traditionelle Konzept eines reinen Action-Ski-Films beschränkt. Ich wollte vielmehr die verschiedenen Phasen des weiblichen Zyklus und die damit verbundenen körperlichen und emotionalen Veränderungen in den Fokus rücken.

Wie hat die Szene reagiert, als du das erste Mal erzählt hast, worum es in deinem Film geht?

Berührender Weise super positiv. Ich bin auf so viel Zuspruch und Offenheit gestoßen. Das Thema Menstruation und Sport scheint die allermeisten von uns menstruierenden Menschen zu beschäftigen, und doch reden die wenigsten darüber.

Waren alle Protagonist*innen im Film mit dem Thema so vertraut wie du oder gabs auch dort Unwissenheit und Verwunderung?

Anfangs nicht, ich würde sagen das Vorwissen war ganz unterschiedlich. Jede hatte aber auf jeden Fall ihre persönliche Geschichte zu erzählen. Nachdem das Interesse aber so groß war, habe ich gleich am Anfang der Saison einen Workshop für die Crew gehalten. Es war superschön zu hören, dass viele der Mitwirkenden durch den Film für sich persönlich so viel mitnehmen konnten und mit ihrem Zyklus nun achtsamer umgehen und ihn in den Alltag integrieren.

Wie viel Power steckt denn nun in unserem Zyklus?

Unsere Welt orientiert sich stark am männlichen Energielevel beziehungsweise den 24-Stunden-Zyklen. Gesellschaftlich anerkannt ist, immer möglichst produktiv, effizient, zielstrebig und mutig zu sein. Qualitäten, die uns Frauen vor allem in den ersten beiden Phasen des Zyklus, also nach der Menstruation bis zum Eisprung, leicht fallen zu leben. In den anderen beiden der insgesamt vier Zyklusphasen sinkt das Energielevel aber, ebenso oftmals die Risikobereitschaft oder das Bedürfnis nach Abenteuer.

Stattdessen sehnen wir Frauen uns oftmals nach mehr Ruhe und Zeit allein. Beim Freeriden müssen wir speziell vor und während der Menstruation keine großen Missionen durchziehen, da reichen oft schon entspannte „Soulrides“. Doch dieses gemütlichere Tempo wird in der Gesellschaft und vor allem der (Spitzen-)Sportwelt schnell negativ bewertet – als weniger, als nicht ausreichend, als unangenehm. Dabei hat jede Phase ihre Relevanz und wer achtsam mit diesen Phasen umgeht, anstatt gegen den Körper und dessen Signale zu arbeiten, kann am Ende des Tages am meisten Energie und Wohlbefinden aus dem Leben herausholen.

Jetzt würde ich annehmen, dass man im Spitzensport seinen Wettkampfplan nicht an den Zyklus anpassen kann, wie gleicht man also Phasen aus, die aufgrund der Biologie nicht mit Leistungsfähigkeit gesegnet sind oder was kann man sonst tun um sich bestmöglich daran zu orientieren.

Klar, Wettkämpfe lassen sich schwer an den Zyklus aller Athletinnen anpassen, was sich aber super anpassen lässt ist das Training. Zyklusbasiertes Training ist ein Thema, das zum Glück auch in der Sportler*innen und Trainer*innen Welt langsam mehr an Bedeutung gewinnt und trotzdem ist das Wissen noch lange nicht genug verbreitet. Die meisten Studien zu optimalen Trainingsreizen, Intensitäten usw. orientieren sich an Studien, die mit und an Männern durchgeführt worden sind. Frauen* haben eine komplett andere körperliche Ausgangslage und können von einem zyklusbasierten Training auf körperlicher und mentaler Ebene sehr profitieren. Zusätzlich lässt sich die persönliche Einstellung anpassen. Mir ist bewusst, dass der Ehrgeiz im Spitzensport eine große Rolle spielt und es viel um Bewertung und Ränge geht. Aber vielleicht kann ich als Athletin trotzdem ein Stück weit liebevoller und toleranter mit mir selbst und meiner Performance umgehen, wenn ich weiß, dass ich mich am Wettkampftag zum Beispiel kurz vor der Menstruation befinde und nicht in 100% Top Form bin.

Was würdest du menstruierenden Sportler*innen in Bezug auf ihren Zyklus gerne für die Zukunft mit auf den Weg geben?

Seid lieb zu euch! Das Leben ist ein permanentes Up and Down, vor allem als Person mit Zyklus. Und informiert euch über euren Zyklus 😉

Gibt es etwas, dass du dir von der Sportszene generell wünschen würdest?

Mehr Sichtbarkeit von Frauen*. Das fängt bei der Berichterstattung an und geht hin bis zu den derzeit limitierten Plätzen in Frauen* Kategorien – zum Beispiel bei der Freeride Worldtour sind weniger Starterinnen als Starter vorgesehen, obwohl der Nachwuchs da ist und Vollgas gibt, vor allem in den letzten Jahren hat sich meiner Meinung nach das Level bei den Frauen* um ein Vielfaches erhöht. Dass die Frauen* Kategorie schlechtere Einschaltquoten hat und sich das die Zuschauer*innen weniger gerne anschauen ist einfach keine Ausrede mehr.

Vielen Dank für das Interview, wo können wir deinen Film denn demnächst sehen?

Danke dir liebe Ines, schön hier zu sein! Wir sind ab Freitag 3.11. mit dem Freeride Filmfestival auf Tour durch Österreich, Deutschland und die Schweiz. Da gibt es also einige Möglichkeiten, den Film und uns zu sehen. Zusätzlich gibt es am 11.11. im Zuge der Freeride Filmbase in Innsbruck noch ein Screening. Und falls doch jemand von euch in Frankreich wohnen sollte, am 4.11. machen wir einen Roadtrip zum Femmes en Montagne Frauen* Filmfestival in Annecy 😉

Ein Beitrag von Ines Enöckl

Fotos: Anjuna Hartmann & Kirsten Frank

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